Henri Pousseur

*  23. Juni 1929

†  6. März 2009

von Pascal Decroupet

Essay

Es bereitete Pousseur anfänglich einige Schwierigkeiten, in die Webern-Nachfolge einzutreten. Die belgische Erstaufführung von Weberns »Klaviervariationen« 1947 in Lüttich durch Edouard Senny, der auch eine tiefgreifende Analyse zu diesem Werk verfaßte, war für Pousseur gewissermaßen ein erster befruchtender Schock: Die Logik dieser Musik war offensichtlich, das akustische Resultat für den jungen Pousseur jedoch noch jenseits des Verständlichen. 1949 führte Pousseur nach einigen voraufgegangen Versuchen ein erstes Werk zu Ende, die Sonatine für Klavier, in der die Zwölftonreihe auf verschiedene Weisen thematisch verarbeitet wird. Neben der chromatischen Aufwärtstransposition im I.Satz erprobt Pousseur in den beiden nächsten Sätzen kontrapunktische Strukturen und die Fragmentierung der Reihe in kleinere motivische Einheiten. Trotz seiner Überzeugung, daß man hinter das von Webern Erreichte nicht zurückfallen dürfe, bedurfte es eines zweiten entscheidenden Impulses, diesmal von Pierre Boulez, damit Pousseur einen Weg fand, das bei Webern Angelegte zu neuen Dimensionen zu entfalten. Nach den Trois chants sacrés für Sopran und Streichtrio (1951), in denen die Anverwandlung der atonalen Harmonik restlos gelang, versuchte Pousseur in Prospection für drei im Sechsteltonabstand gestimmte Klaviere (1952/53) das erweiterte serielle Prinzip, das Boulez im I.Band der »Structures« (1951/52) entworfen hatte, in noch feinere ...