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Nation: | Rumänien |
von Otto Lorenz (E/B) und Nicolai Riedel (B)
Stand: 01.01.2010
Paul Celans Dichtung ist ein Zeugnis unbegreifbaren Leids und eine Summe der modernen europäischen Poesie: sie hat als spätavantgardistisches Mahnmal für die Opfer des Faschismus weltliterarisches Format.
Geboren und aufgewachsen als Sohn deutschsprachiger Juden in Czernowitz, dem Zentrum der später von Wehrmachtstruppen eroberten Bukowina, gehörte Celan zu den unglücklich Davongekommenen, die zeit ihres Lebens an einer überschweren Erinnerungslast trugen. Das realgeschichtliche Trauma des Holocaust in deutschen Konzentrationslagern – auch Celans Eltern sind da getötet worden, er selber konnte, ebenfalls interniert, unter tragischen Umständen fliehen – war schlechterdings nicht zu bewältigen. Schon der Versuch, einen millionenfachen Völkermord überhaupt vorstellbar zu machen, mußte zwangsläufig scheitern und dort, wo ihm authentische Lebenserfahrungen zugrunde lagen, in sprachlose Melancholie münden. Trauerarbeit blieb ein gesellschaftliches Manko. Die sozialpsychologische Forderung nach einem kollektiven Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten der NS-Zeit, nach dem ‚Fertigwerden‘ mit der Vergangenheit als Voraussetzung für öffentliches Mitgefühl in der Gegenwart, ließ sich nicht in die Tat umsetzen. Alexander Mitscherlichs Vorwurf der ‚Unfähigkeit zu trauern‘ trifft daher nur die Neigung zum bequemen Verdrängen, nicht aber jenes bestürzte Eingedenken, das mit dem ...