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Nation: | Schweiz |
von Hans-Rüdiger Schwab (E/B) und Pia Reinacher (B)
Stand: 01.01.2006
Aus sehr eigenständigen Bedingungen hat Thomas Hürlimann in seiner Doppelbegabung als Bühnenautor und Erzähler seit 1980 ein Werk geschaffen, das – auch international – zu den meistbeachteten innerhalb der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur zählt. Strenges formales Kalkül zeichnet ihn ebenso aus wie ein Stilbewusstsein, dem eine Vielzahl von Tonlagen zu Gebote steht. Sie berühren die Extreme zwischen differenzierter Beobachtung und fragilem Pathos, zwischen Komik in all ihren Schattierungen, der analytischen Stimmungskunst des Beiläufigen und streitbarem Räsonnement. Auf diese Weise entstehen Texte von faszinierend komplexer Dichte, die sich im Detail vielfach aufeinander beziehen.
Drei wesentliche, sich wechselseitig durchdringende Grundimpulse bestimmen das Schreiben dieses in ästhetischer Hinsicht erklärten „Einzelgängers“: der Stachel der menschlichen Kontingenz, die öffentlich wie privat zutage tretende Fortschrittsverblendung einer gesellschaftlichen Spätzeit sowie, in Verbundenheit und Widerspruch, die Welten des eigenen Herkommens. Hürlimann versteht sich als Gestalter des beschleunigten Zeitenbruchs der Moderne, in dem einstmals gültige Normen und Lebensweisen verschwinden, ohne etwas tragfähig Neues zu hinterlassen. Hinzu tritt die skeptische Sehnsucht nach dem Wunder der Verwandlung. Als kulturdiagnostische Hauptgewährsleute beruft sich der belesene Autor insbesondere auf Nietzsche und ...