Geburtstag: | |
Nation: | Österreich |
von Claudia Kramatschek und Wolfgang Reichmann
Stand: 15.09.2015
Als der österreichische Schriftsteller Norbert Gstrein 1988 sein Buch „Einer“ vorlegte, erregte der bis dahin unbekannte, aus der Abgeschiedenheit des hintersten Ötztals stammende Autor mit einem Schlag großes Aufsehen: Die Erzählung wurde als ein vielversprechendes Debüt gelobt. Tatsächlich weist „Einer“ in der Behandlung von Stoff und Sprache bereits die für Gstreins erzählerisches Werk charakteristischen Aspekte auf: Zum einen stößt der Leser auf die Auseinandersetzung mit der verstörenden Isolierung eines Einzelnen, der innerhalb der (auch moralisch) eng gezogenen Grenzen einer Gemeinschaft zum Außenseiter wird. Vor allem in den frühen Büchern behandelt Gstrein dieses Sujet als ein regional verankertes, da er als Schauplätze vorwiegend Bergdörfer oder Skiorte wählte. Zugleich stellt Gstrein allerdings anhand solchen Außenseitertums immer auch die grundlegende Frage, wie sich individuelle Identität über die Mechanismen von (Nicht)Dazugehörigkeit definiert – und gerade deshalb als anzweifelbares Konstrukt erachtet werden muss. Formal besticht andererseits die betont kunstfertige Behandlung von Sprache, eine ausgefeilte Erzähltechnik, die gerade in ihrer ästhetischen Avanciertheit (und Selbstbezogenheit, so manche Kritiker) immer auch Gstreins Skepsis mitformuliert, was von einem Leben eigentlich wie erzählbar beziehungsweise darstellbar ist.